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25. November 2020 – Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

(wS/red) Siegen-Wittgenstein 25.11.2020 | Die Frauen Union Siegen-Wittgenstein befasst sich in diesem Jahr mit dem Schwerpunktthema und Tabu – weibliche Genitalverstümmelung.

Mehr als ein Drittel der Asylsuchenden in Deutschland sind Frauen und Mädchen. Viele von ihnen haben geschlechtsspezifische Bedrohung und Gewalt in ihrem Herkunftsland und auf der Flucht erlebt: Entführung, Folter, Vergewaltigung, Genitalverstümmelung, Zwangsheirat und Zwangsprostitution.
In Deutschland hoffen sie auf Schutz und darauf, wieder ein geregeltes und sicheres Leben führen zu können – ohne Angst und mit einer Zukunftsperspektive für sich und ihre Angehörigen.

Fachärzte in Deutschland erhalten von der Bundesärztekammer Empfehlungen, zum Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung (Female Genitale Mutilation – FGM), denn die FGM hat schwerwiegende körperliche und seelische Folgen. Die anatomischen Besonderheiten nach Genitalverstümmelung müssen bei Geburt, Operation sowie Wundversorgung funktional, medizinisch und psychologisch berücksichtigt werden.

In Deutschland gilt Genitalverstümmelung als gefährliche und schwere Körperverletzung und seit Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes dürfen Frauen bei einer drohenden Verstümmelung nicht abgeschoben werden.

„In Deutschland leben fast 75.000 Frauen, die eine Beschneidung erleben mussten. Mehr als 20.000 Mädchen sind von einer Beschneidung bedroht – auch einige davon bei uns in der Region!
„Ursprünglich stand die Macht über die Frauen im Vordergrund“, da war sich Rüdiger Nehberg sicher. Seine Menschenrechtsorganisation TARGET setzt sich, wie viele andere Organisationen gegen die Genitalverstümmelung ein.
Die Verstümmelung der weiblichen Sexualorgane wird in 30 vorwiegend muslimischen Ländern Afrikas und einigen asiatischen Ländern (z.B. Indonesien) praktiziert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass 25 Prozent der Mädchen während der Beschneidung oder an deren Folgen sterben. Wer nicht stirbt, leidet oft lebenslang unter Schmerzen zum Beispiel beim Wasserlassen, bei der Menstruation, beim Geschlechtsverkehr oder/und seelisch. Geburten sind lebensbedrohlich für beschnittene Mütter und ihre Babys. Genitalverstümmelte Frauen empfinden meist keine sexuelle Lust und können keinen Orgasmus bekommen. Diese Unterdrückung der weiblichen Sexualität soll die Treue der Frauen in der Ehe und damit die Macht über diese beziehungsweise den Besitzanspruch der Ehemänner sicherstellen.
Schauen wir auf NRW: Allein in unserem Land sind mehr als 15.000 Frauen beschnitten und fast 4.700 Mädchen bedroht. Wir werden mit ihnen in Berührung kommen!
Besonders aufmerksam werden sollten wir bei Mädchen aus dem Irak, aus Eritrea, Ägypten, Nigeria, Somalia und aus Guinea. Aus diesen Ländern sind besonders viele Mädchen gefährdet.
Frauen und Mädchen aus diesen Ländern leben auch bei uns im Kreisgebiet. Die Chance ist daher groß, dass auch an unseren Schulen oder in der Kita vor Ort ein Mädchen ist, das beschnitten oder von Beschneidung bedroht ist (s.a. www.Kutairi.de).

Die Zahl der Sozialarbeiterinnen, Lehrerinnen und Ärztinnen, die sich bei Terre des Femmes melden, um gefährdeten Mädchen zu helfen, sei stark gestiegen meldete vor einiger Zeit die Menschenrechtsorganisation. „Lehrkräfte sollten hellhörig werden, wenn Schülerinnen von einem anstehenden Heimaturlaub und einem geplanten „großen Fest“ berichten. Denn es passiert auch während eines Heimaturlaubes, oder man sucht Beschneiderinnen aus dem Herkunftsland auf, die in anderen europäischen Städten leben, etwa in Paris oder Amsterdam.„

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In Deutschland ist FGM im September 2013 als ausdrücklicher Straftatbestand (u.a. schwerwiegender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit) in die Gesetze aufgenommen worden und wurde zum Verbrechen heraufgestuft. Für die Aufnahme als eigenen Straftatbestand hatte sich die Frauen Union erfolgreich eingesetzt.
§226a, StGB: “Wer die äußeren Genitalien einer weiblichen Person verstümmelt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.” Das Höchstmaß der Strafe liegt bei 15 Jahren.
Neu ist zudem seit Juni 2013, dass die Altersgrenze für den Verjährungsbeginn auf 21 Jahre angehoben wurde (§78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB, unter dem §226a StGB nun aufgeführt ist). Die Verjährungsfrist selbst beträgt wegen des in §226a StGB festgesetzten Strafrahmens 20 Jahre.
Bei sog. „Ferienbeschneidung“, bei der das Kind zur Durchführung der Beschneidung aus Deutschland heraus in ein anderes Land gebracht wird, ist das deutsche Strafrecht anwendbar.
Wichtig: Jedoch greifen Gesetze erst dann, wenn die Tat bereits begangen wurde – für ein betroffenes Mädchen kommt die Hilfe zu spät. Bis jetzt ist in Deutschland zudem noch keine Verurteilung von FGM-Straftäter*innen bekannt (Fulda, mosocho-Projekt).

Zahlreiche Migrantinnen in Deutschland möchten ihre Töchter nicht mehr beschneiden lassen, doch die Beschneidung wird oftmals noch vehement von der eigenen Mutter, Schwieger- oder Großmutter im Ursprungsland gefordert.

Skandalös ist es, dass Mädchen ins europäische Ausland verbracht werden, damit das grausame Ritual an ihnen vollzogen werden kann. Und es gibt Hinweise darauf, dass Beschneidungen auch im Inland durchgeführt werden.

Als Vorsitzende der Frauenunion Siegen-Wittgenstein, regt Deborah Amazu an, die Forderungen von Terre des Femmes zu unterstützen, dass:
gefährdete Personen präventiv und rechtzeitig über die juristische Lage und Hilfsangebote in Deutschland, Mädchenrechte im Allgemeinen und medizinische Fakten zur weiblichen Genitalverstümmelung informiert werden. Dies kann durch Fachpersonal (Pädagogen*innen, Sozialarbeiter*innen, Ärzt*innen, Hebammen und Mitarbeiter’innen des Jugend- und Sozialamts sowie Polizist*innen) erfolgen. Diese müssen dazu in ihrer Ausbildung ausreichend zu diesem Thema geschult und informiert werden.

In den Städten und Gemeinden könnten über die kommunalen Integrationskonzepte alle wichtigen Informationen in die Umsetzung vor Ort gelangen und auch die politischen Entscheidungsträger*innen für diese Menschenrechtsverletzung und diese „einschneidende“ Kindesmisshandlung sensibilisieren. Die aufsuchende gemeindenahe Betreuung von jungen Familien kann erstes Wissen vermitteln und Mütter und Väter und auch die Großeltern dafür sensibilisieren.

Vorsorgeuntersuchungen, so genannte „U-Untersuchungen“ sollten bundesweit verpflichtend sein, da sie ein zusätzliches Präventionsinstrument für alle Kinder darstellen.

„Durch die Corona-Pandemie ist die Gefahr sowohl in den Herkunftsländern, als auch bei uns gestiegen, weil die Gesellschaft und vor allem die Kontrollinstanzen abgelenkt sind. Umso wichtiger wird es sein, dass die Umgebung informiert ist.“

In NRW/Düsseldorf gibt es z.B. das Bildungsportal Kutairi, auf dem sich alle, die mit dem Thema in Berührung kommen (wollen), schon jetzt eigeninitiativ mit Wissen versorgen können http://www.kutairi.de/exkurs/

FGM_C steht für weibliche Genitalverstümmelung_Beschneidung  und kommt aus dem Englischen (female genital mutilation and cutting).

FGM_C bezeichnet eine schwere Menschenrechtsverletzung, bei der Teile des weiblichen Genitals abgeschnitten oder verletzt werden.

FGM_C stellt einen Verstoß gegen das Recht auf körperliche und psychische Unversehrtheit und das Selbstbestimmungsrecht dar.

Meistens wird die Beschneidung im Kleinkindalter durchgeführt. Damit verstößt FGM_C gegen die Kinderrechte gemäß der Kinderrechtskonvention und gilt als Kindesmisshandlung. Wie häufig kommt FGM_C vor?
Weltweit sind 200 Millionen Mädchen und Frauen von FGM_C betroffen. In Deutschland leben 75.000 von FGM_C betroffene Frauen und 20.000 gefährdete Mädchen.
Quellen: WHO, UNICEF, TDF/ Dunkelzifferstatistik 2020

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